Grünes Gold

Uns hat es in der vorletzten Etappe unserer Reise in eine der entlegensten Ecken Costa Ricas verschlagen: die Halbinsel Osa, die weit in den Pazifik hineinragt und so den Golfo Dulce gegen das offene Meer abschirmt. Der zentrale Regenwald war bis 1960 unberührt und von keiner Menschenseele je betreten worden. Jedoch brach dann ein kleiner Goldrausch aus und sowohl die Berghänge als auch die Wälder litten unter den schürfenden Zerstörungen, die einige Hundert Goldsucher anrichteten. 1975 wurde das Gebiet zum Nationalpark erklärt, 1986 wurden die letzten Goldsucher aus dem Parque Nacional Corcovado vertrieben. 

Um besonders nah am Leben der Einheimischen zu sein, mieten wir uns in einem schlichten Quartier im verschlafenen Dörfchen Dos Brazos ein, das seinen Namen seiner Lage an zwei Flussarmen des Río Tigre verdankt. Das 100-Seelen-Dorf ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar, weshalb wir von unserer Art zu reisen abweichen und aufs Mietwägelchen umsatteln. 

Auch wenn der Regenwald seinem Namen alle Ehre macht und die Landschaft vor allem am ersten Tag reichlich wässert, haben wir doch riesiges Glück mit Sonnenschein satt am Tag der Erstürmung der Grünen Undurchdringlichkeit. Kerley, unser ortskundiger Führer durchs unübersichtliche Terrain, ist der Schwiegersohn unserer Vermieter und Sohn eines der erfolgreichsten Goldgräber der Region. Und so folgen wir kaum wahrnehmbaren Pfaden durch den Dschungel, lernen so einiges über die Tier-, insbesondere die Vogelwelt, aber auch über die Geschichte seines Vaters und seiner Familie. 

Zur Mittagsrast versorgt uns seine Mutter mit auf dem Holzofen köstlich Zubereitetem. Sie lebt nach wie vor als Selbstversorgerin mitten im Wald auf einer kleinen Ranch am Rande der Grenze zum Nationalpark. Große Besonderheit: auf dem Gelände gibt es einen alten Stollen, den wir besichtigen können – mit Lampen bewaffnet und einer speziellen Goldwäscherschüssel ausgerüstet begeben wir uns bis tief in den Berg hinein. Eindrucksvoll demonstriert ein Gehilfe, wie das Gestein gewaschen wird und dass tatsächlich drei Körnchen Ertrag herauskommen. 

Was die Geschichte eindrucksvoll lehrt: mit dem gefundenen Gold ist sein Vater nicht glücklich geworden, aber das Bewahren des Reichtums der Natur kann Kerleys kleine Familie ernähren. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert